St. Sebastianus Schützenbruderschaft Richrath 1870 e.V.

Historie

der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Richrath 1870 e.V.

 

Die Gründungsgeschichte und der Verlauf der ersten 100 Jahre!

1870

Die erste Eintragung in dem Protokollbuch des Richrather Schützenbundes wurde am 26.Mai 1870 getätigt. Sie ist auch die erste, schriftliche Erwähnung der Gründung der Richrather Bruderschaft. Inhaltlich ist dort zu lesen:

Unter dem Vorsitzenden des damaligen Bürgermeisters Neurath, versammelten sich in Berghausen, in der Gaststätte Knoch, die Mitglieder des Richrather Schützenbundes, aus Berghausen, Immigrath und Richrath, zur Verabschiedung der erneuerten und respektierten Statuten und zur Neuwahl des endgültigen Vorstandes!

  • Herr Friederich Jansen – Chef des Bundes
  • Herr Bgm. Neurath – Chef der Krankenkasse
  • Herr Wilh. Decker jun. in Berghausen – Hauptmann
  • Herr Aug. Ern in Immigrath – Königsadjutant
  • Herr Joh. Duesberg in Berghausen – Bataillonsadjutant
  • Herr Fr. Groß in Immigrath – Premierleutnant
  • Herr Fr. Dickes in Goshi – Secondeleutnant
  • Herr H. Hucklenbruch in Immigrath und
  • Herr Gottl. Meier in Langenfeld als Fahnenoffiziere
  • Herr Weingarten in Hucklenbruch – Fähnrich
  • Herr Hackenbroich in Ganspohl – Protokollführer
  • Herr Th. Knoch in Berghausen – Rendant

Die Tatsache, dass mit der Gründung des Schützenbundes eine Krankenkasse gebildet wurde zeigt, dass man über der Freude am Schießsport hinaus den Gedanken des „sich gegenseitig schützen“ richtig erkannt und zu verwirklichen gesucht hatte, war doch von einer uns heute geläufigen Sozialversicherung zur damaligen Zeit noch keine Rede. Die Not der Einzelnen konnte allerdings mit der Errichtung dieser Kasse nicht beseitigt werden, wurde aber zumindest gemildert.

 

Auf der 1. Vorstandssitzung beim Gastwirt Franz Engels in Richrath am 29. Mai 1870 waren 22 Personen anwesend und es wurde beschlossen, dass das 1. Schützenfest am 24. oder 31. Juli für zwei Tage gefeiert werden sollte. Über eine einheitliche Schützentracht wurde nachgedacht. Dazu möchte ich gerne noch eine weitere Eintragung im Protokollbuch wörtlich erwähnen: 

In Bezug der Bekleidung der Mitglieder des Bundes wurde bestimmt, dass das ges. Offizierscorps in Uniform, das heißt – Schützenjoppe, Schützenhut und Degen erscheinen müsse. Den übrigen Vorstandsmitgliedern bleibt es freigestellt, ob dieselben in Uniform oder im Zivil sich an den Festzügen beteiligen wollen. Jedoch bleibt ersteres wünschenswert. Zur Tragung eines Degens sind die in Uniform erscheinenden Mitglieder des Vorstandes nicht berechtigt. Der Chef des Bundes, sowie sämtliche Offiziere tragen als besondere Abzeichen ihrer resp. Stellungen goldene, auf weißem Felde ruhende, vom Kragen bis zur Schulter laufende Tressen, welche wieder je nach dem Grade ihrer Stellungen durch silberne Sterne markiert werden“ Allen Vorstandsmitgliedern soll ein silberner Stern, welcher an einem Bande während des Festzuges sichtbar auf der Brust zu tragen ist, ausgehändigt werden. Alle übrigen Vereinsmitglieder erhalten als Erkennungszeichen eine weißseidene Rose mit Aufschrift „Richrather Schützenbund!“

Im Juli 1870 war dann die Mobilmachung und der Ausbruch
des deutsch-französischen Krieges. Der Vorstand beschloss
am 20.07.1870 

„das diesjährige Schützenfest bis auf weiteres
zu vertagen und die Krankenkasse zu schließen“.

Die Kassenbücher des Schützenbundes und der Krankenkasse wurden geprüft und geschlossen.

1871

Am 21.05.1871 wurde in der Versammlung in der Gaststätte Rohden zu Landwehr wurde die Wiedereröffnung der Krankenkasse beschlossen.

Außerdem sollte eine Fahne angeschafft werden, und die Fahnenweihe wurde auf den 21.07.1871 angesetzt.

1872

13. Oktober 1872: Die Mitglieder beschlossen, die Krankenkasse von dem Verein zu trennen.

Im Jahre 1873 wurde der Krankenkasse auch noch eine Sterbekasse angegliedert.

Das erste Schützenfest feierte der Schützenbund Richrath am 28.und 29.Juli 1872 beim Gastwirt J. Winterhof in Ganspohl.

Der Protokollführer Hackenbroich schrieb damals:

 „Es wurde eine schöne und gemütliche Veranstaltung und jeder Anwesende sagen musste, dies ist ein Fest, wie selten eines schöner und gemütlicher gefeiert wird.  Der Königsschuss geschah auf den fünften Schuss und als der erste König des Vereins wurde der am Weißenstein wohnende Wirth und Ökonom Herr Joh. Joch proklamiert.“

1873

Auf der Generalversammlung des Richrather Bundes am 11.03.1873 wurde der Vorstand wiedergewählt. Friederich Jansen blieb weiterhin Chef des Bundes. Zum Ehrenmitglied wurde Herr Bürgermeister Haas von Langenfeld, ernannt. Gleichzeitig beschloss der Verein, in jedem Jahr das Vereinslokal zu wechseln, und zwar zwischen  Immigrath, Berghausen und Richrath.

 1883-1886

Die Generalversammlung am 01.Februar 1883 bestätigte den Chef des Bundes, Herrn Friederich Jansen, für weitere 6 Jahre in seinem Amt. Durch Krankheit bedingt stellte er sein Amt 1885 wieder zur Verfügung.

Am 1. Aug.1885 wurde Wilhelm Reuter als neuer Chef des Bundes gewählt. Er wurde 1890 von Joh. Fußbach abgelöst, der dieses Amt zunächst bis 1896 und dann wieder ab 1898 innehatte. Zwischendurch war Wilhelm Bläser Chef.

 

Immer wieder klingt im Nachtrag zu den Festen durch,
dass es sich dabei immer um echte Volksvergnügen
gehandelt hat.
Für die Kinder gab es Kirmes, für die Jugend und die
Erwachsenen die Bälle, bei denen den benannten
„Balldirektoren“ die Pflicht oblag, “für den rechten
Ablauf und die Einhaltung von Sittlichkeit“
Sorge zu tragen.

 

 

Dem Schießsport wurde auch gebührend Rechnung getragen. Mit jedem Fest verband sich ein Preis- und Ehrenpreisschießen. Im Bericht einer Versammlung am 13.06.1886 wird erwähnt, dass der amtierende König (Z. Ka.) „unter seiner jetzigen Stellung“ dem Verein nicht mehr als Schützenkönig vorstehen könne. Die Versammlung wählte einen neuen König, Wilhelm Blaeser, der als Gage 30 Mark aus der Vereinskasse erhielt.

1889-1893

Im Jahre 1889 stellten Einwohner aus Berghausen den Antrag, eine zweite, eigene Kompanie bilden zu dürfen, die dem Richrather Schützenbund unter „speziellen Bedingungen“ angegliedert werden sollte. Dem wurde entsprochen. Für die zweite Berghausener Kompanie  wurde ein Hauptmann und sein Vertreter gewählt, die aber in allen Fällen dem Chef „untergeordnet“ bleiben!

Allerdings entstand um 1890 viel Unruhe im Verein. Vereinsinterne „Rangeleien“ trugen dazu bei. 1891 trat Wilh. Reuter „aus freiem Willen“ zurück und neuer Chef wurde einstimmig Johann Fußbach gewählt, der dieses Amt bis 1896 ausübte.

Eine Ehrenpflicht war es für die Mitglieder des Vereins, beim Ableben eines Schützen ihm „unter der Fahne“ das letzte Geleit zu geben. Bei Nichtbeteiligung wurde ein Strafgeld von 25 Pfg. erhoben.

Zu dieser Zeit gab es reichlich Musikkapellen, auf die man zur musikalischen Ausgestaltung der einzelnen Feste zurückgreifen konnte.

 

Bis zum Jahre 1893 fanden die Schützenfesten alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Stiftungsfest statt und auf Antrag der zweiten Kompanie wurde beschlossen, nun jährlich doch einen neuen Schützenkönig zu ermitteln.

Obwohl damals der Verein nicht konfessionell gebunden war, so nahmen doch die Mitglieder an den kirchlichen Festen als auch
an den Prozessionen teil.

1896-1914

Einen besonderen Anlass zum Feiern bot  „Kaisers´s Geburtstag“, das war ein einstimmiger Beschluss am 20.12.1896. 
Alle Richrather Vereine und Gruppierungen haben zusammen gefeiert.

 

 

Am 06.01.1897 übernahm Wilh. Blaeser den Vorsitz im Verein. Bis zum 05.06.1898 übte er sein Amt aus und wurde dann wieder von Joh. Fußbach abgelöst.

Bis zum Jahre 1898 war ein Vogelschießen kein Problem. Jetzt verlangte die Polizeibehörde besondere Sicherheitsvorkehrungen. Ohne schweren Kugelfang durfte nicht mehr geschossen werden.

So entschloss man sich, den Reusrather Schützenverein, der bereits einen transportablen Kugelfang besaß, für 25 Mark Überlassungsgeld zu mieten. Am 31.07.1898 zum Schützenfest  wurde mit dem 36. Schuss der Vogel von der Stange geholt und nach Öffnung der verdeckten Liste wurde Eberhard Lützenkirchen zum König proklamiert.

In der nachfolgenden Zeit wurden Überlegungen angestellt, wie man einen eigenen Stand erstellen könnte. Es gab Vorschläge, Beschlüsse, Grundstücks– und Sachspendenangebote etc., aber letztendlich konnte man sich nicht einigen. Es wurde in einer außerordentlichen Versammlung sogar beschlossen, dass der König durch Losentscheid gewählt werden sollte.

Im Jahre 1902 wurde auf allgemeinen Wunsch hin, von “jeglicher Festlichkeit Abstand genommen“ und man vermutete, dass der Verein bedingt durch viele Austritte und Streitereien einen Tiefpunkt erreicht hat.

Erst 1907 wird beschlossen wieder ein Schützenfest zu feiern, wobei der neue König aus der offenen Liste hervorgehen sollte.

1909 stieg die Mitgliederzahl wieder an und 1910 feierte man das 40-jährige Bestehen des Vereins gemeinsam mit der „Kaiser- Geburtstagsfeier“.

Noch eine interessante Aufzeichnung aus dem Protokollbuch möchte ich wörtlich aufführen.

„Harte Strafen drohten die Statuten demjenigen an, der den Vereins-Veranstaltungen fern blieb. So wurden einem Mitglied, „welches durch Fehlen beim Schützenfestzuge am 1. und 2. Tage“ sich schuldig gemacht hatte, eine Strafe von 4,50 Mark auferlegt. Sollte sich der Schuldige weigern, diesen Betrag an die Vereinskasse zu entrichten, wurde ihm mit dem Ausschluss aus dem Verein gedroht.“

Auf der Generalversammlung am 18.01.1914 legte der Chef Joh. Fußbach den Vorsitz nieder und wurde zum Ehrenchef ernannt. Schon 4 Tage später übernahm er wieder den Vorsitz.

1914-1926

Durch Beginn des 1. Weltkrieges am 2. August 1914 kam das Vereinsleben sehr bald zum Erliegen. Die nicht „zur Fahne berufenen Mitglieder“ fassten den Beschluss, ihre zur Fahne berufenen Mitglieder und das örtliche Hilfskomitee finanziell zu unterstützen.

Erst am 24. März 1920 begann der Verein sich wieder zu regen. Johann Fußbach, der 29 Jahre Chef war, wurde zum „Ehrenchef auf Lebenszeit“ ernannt, und sein Nachfolger wurde Joh. Hamacher.

Die Inflationszeit und die schweren Jahre der Arbeitslosigkeit stellten den Vorstand des Vereins ständig vor neuen Problemen. Die Mitgliederbeiträge stiegen jährlich mehrmals. Anfang 1923 wurde er auf 500 Mark und 6 Monate später auf 2000 Mark festgelegt. Der Einschreibebetrag für neue Mitglieder betrug 5000 Mark.                                                                    

Nachdem sich 1924 der Geldwert normalisierte, wurde der Jahresbeitrag auf 3 Mark festgelegt.   In diesem Jahr wurde auch noch kein Schützenfest gefeiert.

Im Jahre 1924 trat der Verein dem Bergischen  Schützen – und Schießverband bei, aus dem er aber schon ein Jahr später wieder austrat.

Im Jahre 1926 wurde angeregt, dass alle Schützen – außer dem bis dahin schon getragenen Schützenhut – sich eine einheitliche Uniform zulegen sollten.

Um endlich einen eigenen Schießstand zu bekommen hatten Verhandlungen mit der Gemeinde Erfolg. Die bisherigen Pächter des Geländes, die Schützen Conrads und Lützenkirchen wurde eine Entschädigung von je 30 Mark gewährt. Der Bund verpflichtete sich den Ernteverlust beiden in „Natura zu ersetzen“

Das älteste Mitglied des Bundes, Ingnatz Thoms, gab den ersten Schuss „zu Ehren des derzeitigen Reichspräsidenten Seiner Exzellenz von Hindenburg“ ab. Der Bürgermeister Kreusch eröffnete dann die Schießanlage am 03.Juli 1926 offiziell . Die Wartung der Anlage hat der Bund übernommen.

 1926-1927

Nach langer, reger Aussprache am 29. Dezember 1926 beschließen in der  Generalversammlung die anwesenden Mitglieder, die  50% der Gesamtmitglieder vertraten, dem  Verband der St. Sebastianus – Schützenbruderschaften beizutreten.

Der Verein führte nun die neue Bezeichnung

„St. Sebastianus – Schützenbruderschaft – Schützenbund Richrath“!  Gegründet 1870

Der Hauptzweck der Umbenennung war, so steht es wörtlich im Protokollbuch

„um hierdurch in die heutige unerlässliche Lage zu kommen, einem St. Sebastianus – Verband beitreten zu können. Die dem Verein angehörigen evangelischen Mitglieder sollen uns nach wie vor liebe Schützenbrüder bleiben und bei der Neuaufnahme von evgl. Seite soll nichts im Wege stehen“.

War das Verhältnis zur kath. Pfarrgemeinde Richrath schon immer gut, so wurde es durch die Umwandlung noch besser und enger.

1927 wurde die Anschaffung einer neuen Fahne beschlossen, die am 3. Juli in St. Martinus die kirchliche Weihe erhielt. Festgelegt wurde auch 1927, dass der jeweilige Pfarrer von St. Martin, (damals war es Pfarrer Breuer) als Ehrenpräses und der Kaplan (damals Kaplan Hauer) als Ehrenmitglied der Schützenbruderschaft angehören sollten.

Das Schützenfest 1927 brachte einen Überschuss von 900 Mark und eine durchgeführte Sammlung zum Fahnenkauf ergab  504 Mark. Für die Fahne wurden 430 Mark und für den Fahnenschrank 74 Mark ausgegeben.

An der Romfahrt des Bundes nahm Schützenbruder Steinkrüger teil, der sich verpflichtete, von den dafür eingegangenen Spenden  „jedem Schützenbruder ein Andenken mitzubringen“

1929-1932

Im Jahre 1929 beschloss man, das Bundesfest 1930 in Richrath zu übernehmen, und es wurde gleichzeitig das  60–jährige Bestehen des Vereins gefeiert. Schriftführer Martin Patten schrieb auf der letzten Seite des Protokollbuches dass

„das Bundesfest glänzend verlaufen ist und der Verein nach außen hin einen guten Eindruck hinterlassen hat. Wetter und finanzieller Erfolg hätten besser sein können“!

Noch immer hat sich die wirtschaftliche Lage nicht wesentlich gebessert. Die Kasse schließt mit einem Minusbetrag von 299 Mark ab. Es musste überall gespart werden!

Am Beginn des Jahres 1931 hatte die Bruderschaft 85 Mitglieder.

Trotz schlechter Kassenlage wurde für eine neue Glocke 2800 Mark gesammelt. Das waren schon 85% von dem Neuwert einer Glocke. Das ist ein Beweis für den Opfergeist, der dieser Vereinigung innewohnte.

Die Nachwuchsförderung war der Bruderschaft ein großes Anliegen. So fasste man am 13.April 1928 schon den Gründungsbeschluss für eine Jungschützenabteilung. Im Saal Esser fanden sie  einen Platz, wo auch im Winter geschossen werden konnte.

Am Katholikentag in Essen 1932 beteiligten sich 20 Schützenbrüder

1934-1945

Die neue Reichsregierung unter der Führung von Adolf Hitler verspricht, die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Die Einführung des national-sozialistischen Regimes wird jedoch zu einer wahren Bewährungsprobe für die Bruderschaft.

In der Generalversammlung am 21.Januar 1934 wurde erstmalig in der Geschichte der Bruderschaft, in der Person von Wilhelm Pröpper ein „Führer“ gewählt. Der allgemeine „Deutsche Gruß“ wird für die Bruderschaft eingeführt.

So wundert es keinen mehr, wenn in einer Versammlung am 16. April 1934 der damalige Bürgermeister Schreiner mit beredten Worten für eine Auflösung der Bruderschaft und für einen Beitritt zur Schützengilde Richrath – Reusrath eintrat. Die nachfolgende Abstimmung ergab, 25 gegen 20 Stimmen gegen eine Auflösung. Allerdings war mit dieser Abstimmung ein tiefer Riss in die Gemeinschaft gekommen. So teilte der „Vereinsführer“ am 4. Mai 1934 der Versammlung – unter Anwesenheit von Ortsgruppenleiter Schreiner, Zellenwart Hüssen und Parteigenosse Theisen sowie dem Generalpräses Dr. Louis – mit, dass 44 Mitglieder schriftlich der Schützengilde beigetreten seien. Auch meinte der Vereinsführer dazu, dass die Abstimmung in der Generalversammlung am 16.04. durch ein Irrtum der Schützen nicht ihren Willen bekundet hätten. „Um die Volksverbundenheit sicher zu stellen, soll der Verein auf eine andere Basis gestellt werden“, so lautet der Vorschlag des Vorstandes.

Es fehlte aber auch nicht an Männern, die weiterhin mutig für die Beibehaltung der Bruderschaft eintraten. In der Versammlung am 28. Mai 1934 wurde erneut das „Für und Wider“ betreffend der Bruderschaft und Schützengilde besprochen, und es kam zur Abstimmung. 13 Schützen verließen daraufhin das Lokal. Die übrigen 30 stimmten für die Schützengilde. Damit war die öffentliche Arbeit der Bruderschaft unmöglich geworden.

Trotz des Verbotes, die Feier des Patronatsfestes zu halten, hielten einige Schützenbrüder an der alten Gepflogenheit fest. In dieser schweren Zeit sind sie ihrem Grundsatz „zur Kirche zu stehen“ treu geblieben.

Die Schützengilde bestand im ersten Jahr aus 250 Mitgliedern, davon kamen 98 Schützen aus der Kompanie Richrath. Nach dem neuen Grundsatz „Schießen ist Dienst“ musste der Schießsport geleistet werden. Bei Schießveranstaltungen war das Erscheinen „Pflicht“.

Die einzelnen Vorstandsmitglieder wurden auch nicht mehr von den Mitgliedern der Gesellschaft gewählt, sondern der „Vereinsführer“ bestimmte, wer welche Aufgabe übernehmen sollte. Das sind sicher die Gründe dafür, dass das Interesse an Versammlungen und gemeinsamen Veranstaltungen deutlich sank.

Im Jahre 1938 endete auch die Geschichte der Schützengilde, Kompanie Reusrath.

Als im Jahre 1939 der zweite Weltkrieg begann, ruhte die Gemeinschaft.

Durch die Kapitulation 1945 wurde das große Völkermorden beendet. Viele Menschen wurden noch weit über diese Zeit in Gefangenschaft gehalten, teils gleichfalls unter menschenunwürdigen Bedingungen.

Der große Völkertreck begann, bedingt durch die Vertreibung unserer Brüder und Schwestern aus dem Osten unseres Vaterlandes. Eine schwere Zeit. Eine Zeit allerdings auch, in der man sich erneut besann, zur gegenseitigen brüderlichen Hilfe aus christlicher Verantwortung.

1946-1953

Nach Kriegsende, bereits am 20.10.1946, trafen sich auf Einladung des Richrather Pfarrers Carl Mause, 35 Männer, die eine „Wiederauflebung der Bruderschaft“ beschlossen.Diese neu formierte Bruderschaft wird von der Erzbruderschaft anerkannt und gleichzeitig damit von der britischen Militär – Regierung „in ihrem gesamten althergebrachten Auftreten“ bestätigt.

Das erste Nachkriegsschützenfest wurde im Jahre 1947 angesetzt, obwohl die Militärregierung ein Ausschießen der Königswürde verboten hatte. Daher entschloss man sich, den König durch ein „Königsstechen“ zu ermitteln. Der erste Sieger wurde Stephan Reuter, der dann auch feierlich in der Kirche von Pfarrer Mause gekrönt worden ist.

Die erste Vorstandswahl am 26. Februar 1947 brachte folgende Ergebnisse:

Erster Vorsitzender Wilhelm Franken
zweiter Vorsitzender Karl Knupp
Schriftführer Martin Patten, Jan Bernd Eßmeier
Kas
sierer Johann Adolfs,  Peter Jungbluth jun.
S
chützenmeister Peter Lützenkirchen, Fritz Müller
Vors. Begleiter Theodor Lange
Wilhelm Dickopp  (Chefadjutant)
Fahnenträger Wilhelm Spielmann, Josef Gladbach und August Müller
Ehrenadjutant Heinrich Steinkrüger  
Weiter gehören dem Vorstand der jeweilige Schützenkönig und seine zwei, von ihm selbst zu bestimmenden, Begleiter (Adjutanten) an. Zum Ehrenmitglied ernannte man Johann Gladbach, der 50 Jahre der Bruderschaft die Treue gehalten hatte.

Eine ehrende Aufgabe übernahmen die Schützen des Zentralverbandes anlässlich der 700 Jahrfeier des Kölner Domes 1949, auch die Richrather Schützen waren zahlreich vertreten. 

Es ging langsam aber stetig wieder aufwärts mit der Richrather Bruderschaft. Im Jahre 1949 wird die „Schützenkapelle Richrath“ gegründet und der Richrather Bruderschaft angeschlossen.

Das Verbot des Schießsportes wurde langsam gelockert und so konnte endlich das jährliche Schützenfest wieder in „althergebrachter Weise“ gefeiert werden.

Zur Beschaffung von einheitlichen Uniformen wurde eine Kleiderkasse gebildet.Auf der Generalversammlung 1950  meldete der damalige, stolze Kassierer einen Kassenbestand von 614,50 DM.

1950 wurde das Schützenfest als echtes Volksfest gefeiert, wobei der König nach verdeckter Liste ermittelt wurde.

Eine Verbundenheit mit dem Leben der Pfarre St. Martin, zeigte sich in der großen Teilnahme der Schützen bei Fronleichnamsfesten und anderen kirchlichen Veranstaltungen. Religiöse Abende, die Unterstützung und Mitorganisation der Martinszüge und weiterer gemeinsamer Veranstaltungen gaben der Bruderschaft Gelegenheit, zusammenzuwachsen und sich zu bewähren.

Die Anschaffung einer neuen Fahne wurde 1951 beschlossen. Am 12. Juli 1952 wurde dann die neue Fahne durch Pfarrer Mause im Schützenfest – Gottesdienst vorgenommen. Fahnen – Paten waren die Stickerin der Fahne, Frl. Maria Rotterdam und Rektor Rochus Michel. Das Schützenfest wurde als echtes Volksfest gefeiert, wobei aber die Bruderschaft das Zepter fest in den Händen hielt! Ein übervolles Zelt, viele befreundete Gastvereine und Ortsvereine gestalteten das Festprogramm.

Nach langer Zeit konnten dann endlich die Richrather Schützenbrüder wieder mit scharfer Munition dem Königsvogel aus Holz zu Leibe rücken und Wilhelm Dickopp, der damals als Außenseiter galt, wurde mit dem 177. Schuss  Schützenkönig. Der Krönungsball vereinigte die Schützen mit ihren Angehörigen und Freunden. Die Schützenkapelle sorgte für Stimmung und nach 4 Uhr morgens brachten die unentwegten Schützenbrüder und zahlreiche Richrather Zivilisten den König mit Musik nach Hause.  Dass dieser Festverlauf nicht einmalig war, zeigen die Berichte von den Festen in den folgenden Jahren.

Auf der Generalversammlung 1953 wurde eine Spendenliste „zur Anschaffung neuer Glocken für St. Martinus“ in Umlauf gebracht. Die Opferbereitschaft der Schützenbrüder war sehr erfreulich und erbrachte so einen Betrag von über 2000 DM.

Heinz Knupp hat am 21.06.1953 erneut eine Jungschützenabteilung ins Leben gerufen. 18 Jungschützen marschierten erstmalig im Festzug der Immigrather Bruderschaft mit. An diesem Tag hatten sie auch ihren „Gründungsfeiertag“, den sie morgens mit einer Gemeinschaftsmesse eröffneten. Alle vereinten sich am Tisch des Herrn. Abends wurde dann noch tüchtig, gemeinsam mit einigen „Senioren“ in der Gastwirtschaft Ewen gefeiert.  Diese Aktivität der Jugend erfreute die mitfeiernden Senioren sehr.

Als erster Tellkönig ließ sich Herman de Clerque zum Schützenfest am 11. – 13. Juli 1953 feiern.

Es würde zu vielfachen Wiederholungen führen, wollte man die Geschichte der Bruderschaft Richrath in den folgenden Jahren in allen Einzelheiten aufschreiben. Daher werden nachfolgend nur noch die wichtigsten Ereignisse in zeitlicher Reihenfolge aufgeschrieben.

Am 13. September desselben Jahres, stiftete die Bruderschaft erneut eine Glocke für St. Martin, die Glocke „Sebastianus“. Die Paten sind Wilhelm Franken und Wilhelm Dickopp.

1956-1960

Am 8. Januar 1956 bittet Brudermeister Wilhelm Franken aus Altersgründen um seinen Rücktritt. Pfarrer König dankte ihm für seine hervorragenden Verdienste in den letzten 11 Jahren um die Bruderschaft. Er wird  zum Ehrenoberst auf Lebenszeit ernannt. Sein Nachfolger wird Hans Litterscheid.

30. Oktober 1956, Katholikentag in Köln. Die Bruderschaft hilft mit beim Absperrdienst.

06. Januar 1957, Peter Lützenkirchen wird als ältestes Mitglied zum Ehrenbrudermeister ernannt.

10. Januar 1960, Wilhelm Dickopp, Hauptmann und 2. Brudermeister, stellt seine Ämter zur Verfügung. Er wird zum Ehrenoberst ernannt. Sein Nachfolger wird Hans Höveler. Eine Neufassung der Satzung wird verabschiedet. Die Bruderschaft wird ein e.V.

28. Januar 1960, der langjährige Chronist der Bruderschaft, Ehrenoffizier und Träger hoher Schützenauszeichnungen, Stadtbaurat a.D. Martin Patten, wird zur letzten Ruhe geleitet.

19. Dezember 1960, Ehrenbrudermeister Peter Lützenkirchen wird zu Grabe getragen.

1962-1968

Das Schützenfest 1962 wird auf dem „Neuen Festplatz von Richrath“, Kaiserstr. 60, gefeiert.

19. Oktober 1962 stirbt Präses Pfarrer Rudolf König. Am 30.Juni wird der neue Pfarrer, Wilhelm Becker, in sein Amt eingeführt.

23. Mai 1965, Einweihung der neuen Kirche „St. Pius“ in Richrath-Nord. Zu dieser Neugründung stiftete die Bruderschaft 2.000,00 DM.

Zum Schützenfest 1965 wurde erstmalig ein Schülerprinz ausgeschossen (der buntbemalte Vogel auf der Stange war eine Kartoffel mit einem Gipsmantel, geschossen wurde mit einem Luftgewehr). Mit dem 25. Schuss wird Bruno Hillebrand der 1. Jugendprinz.

Am 01. Mai 1966 wird die eingebaute Flachschießbahn für Luftgewehr im neugestalteten Pfarrsaal von St. Martin (im s.g. Kasten) von den Schützen in Betrieb genommen.

Zum Schützenfest 1967 wurde gleichzeitig auch die Grundsteinlegung zur Erneuerung der St. Martinus-Kirche vollzogen. Zum Kirchenneubau trug die Bruderschaft mit einer größeren Spende bei.

21. März 1968 wird Hans Litterscheid zum Bundesmeister des Schützenbundes Rhein-Wupper/ Leverkusen gewählt.

Am 19. Mai 1968 ist Ehrenbrudermeister Wilhelm Dickopp, ein verdienstvolles Mitglied der Bruderschaft, Träger hoher Schützenauszeichnungen, verstorben. 

Das Schützenfest vom 13. bis 16. Juli 1968 war ein Schützenfest mit Hindernissen. Hinterher schrieben die Zeitungen:

“In letzter Minute kam das Festzelt!  Das ursprünglich geliehene Zelt brannte ab, das Ersatzzelt wurde mit einem „Kuckuck“ versehen. Als es dann schließlich am Freitag doch noch gelang, ein Zelt in Goch am Niederrhein aufzutreiben, brach die Kardanwelle des Transporters. Mit Mühe, Not und Unterstützung des Transportunternehmens J. Klöcker aus Richrath und allgemeinem schützenbrüderlichem Ärmelaufkrempeln fand die Affäre jedoch ihr Happy End“ 

Der Fußboden im Festzelteingang wurde noch von emsigen, verschwitzten Schützenbrüdern genagelt, als die ersten Schützen zum Antreten in Tracht zuschauten.                                                                           

Josef Gladbach wird Ehrenbrudermeister.

Am 10. November 1968 wird die erneuerte
St. Martinus-Pfarrkirche eingeweiht.
Die Schützenbruderschaft war dabei.

1970

Am 25. Januar 1970, mit dem Patronatsfest im Bruderhaus Ewen, begann das Jubiläumsjahr.

In diesen vergangenen 100 Jahren hat sich echter Bruderschaftsgeist, der in den Idealen  „Glaube – Sitte – Heimat“ begründet liegt, in der Richrather Bruderschaft bewährt.

Die Geschichte dieser Bruderschaft zeigt, dass sie sich den jeweiligen Zeiterscheinungen stellte und stets bemüht war, das Beste daraus zu machen.

Die Bruderschaft geht in das zweite Jahrhundert ihres Bestehens, als eine starke Gruppe die gewillt ist, auch die Zukunft zu meistern. Es wird sicher wieder eine bunte und wechselhafte
Geschichte werden. Hoffen wir, dass es immer wieder starke Männer geben wird, die sich, allen Zeiterscheinungen zum Trotz, den Idealen „Glaube – Sitte – Heimat“ verpflichtet fühlen und sie in ihrer Zeit umzusetzen versuchen!

Benutzte Quellen: Festschrift zum 100 – jährigen Bestehen der St. Seb. Schützenbruderschaft Langenfeld-Richrath im Jahre 1970. Verfasser: W. Leweke,                

Überarbeitet:  HM Patten 2019

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